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Klage unter falscher Adressangabe - LAG BW 4 Sa 65/14

28. Jun
2015

Eine ursprünglich mit richtiger Adressangabe und eine damit zulässig eingelegte Klage wird nicht deshalb unzulässig, weil der Kläger, ohne dies dem Gericht mitzuteilen, einen Adresswechsel vorgenommen hat. Dies kann aber nicht auf einen Fall übertragen werden, in dem die Klage möglicherweise ursprünglich zulässig ohne richtige Adressangabe eingelegt wurde, der Kläger aber auch dann noch im Verborgenen bleibt, wenn der anerkannte triftige Grund für das Verbergen in Wegfall geraten ist

Volltext des Urteils des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 20. Mai 2015 - 4 Sa 65/14:


Leitsätze

Eine Klage, die unter falscher Adressangabe erhoben wurde ist unzulässig, wenn die Verschleierung der richtigen Adresse nicht durch ein schützenswertes Interesse gedeckt ist. Die Gefahr einer Verhaftung wegen bestehenden Haftbefehls kann ein solches schützenswertes Interesse darstellen. Dieses schützenswerte Interesse entfällt aber mit der erfolgten Verhaftung.


Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 22.07.2014 (25 Ca 1214/14) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.

2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger ein Kündigungsschreiben der Beklagten vom 20. Januar 2014 durch persönliche Übergabe zugegangen ist und das Arbeitsverhältnis des Klägers deshalb durch diese Kündigung beendet wurde, sowie über die Wirksamkeit zweier weiterer Kündigungen und hilfsweise über eine Weiterbeschäftigung des Klägers.

2

Wegen des erstinstanzlich unstreitigen und streitigen Parteivorbringens und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gem. § 69 Abs. 2, 3 Satz 1 ArbGG auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

3

Der Kläger erhob die vorliegende Klage mit Klageschrift der Rechtsanwälte W. vom 19. Februar 2014, in welcher er als Wohnanschrift die Adresse W. 16, E. angab. Bereits zwei Tage zuvor hatte der Kläger eine auf Annahmeverzugs- und Überstundenvergütung gerichtete weitere Zahlungsklage (Arbeitsgericht: 25 Ca 1119/14; LAG 4 Sa 64/14) erhoben. In der dortigen Klageschrift hatte der Kläger als Adresse angegeben: W. 21, E..

4

Schon während des Arbeitsverhältnisses hatte der Kläger der Beklagten insgesamt 4 verschiedene Wohnanschriften mitgeteilt, nämlich:

5

- W. 21, E.

- D. 11a, E.

- A. 15, B. und

- O. 29, A.

6

Versuche der Beklagten, dem Kläger unter diesen Anschriften eine Kündigung zukommen zu lassen, scheiterten. Die Einschreibebriefe an die erstgenannten drei Anschriften kamen als unzustellbar zurück. In A. war der Briefkasten zugeklebt und das Namensschild des Klägers entfernt worden. Der Bote entfernte die Verklebung und warf das Kündigungsschreiben ein.

7

Ende Januar 2014 erreichte die Beklagte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Klägers für den Zeitraum 2. Januar bis 17. Januar 2014, die im Adressfeld nicht ausgefüllt war. Nachermittlungen der Beklagten beim Arzt und der Krankenkasse ergaben, dass der Kläger folgende Anschrift angegeben haben soll:

8

- 350 C. L., F..

9

Die Beklagte behauptete, auch ein weiterer Versuch, dem Kläger unter dieser f. Adresse das Kündigungsschreiben zukommen zu lassen, sei wegen Unzustellbarkeit gescheitert.

10

Wegen dieser Schwierigkeiten, dem Kläger eine Kündigung zukommen zu lassen, bestritt die Beklagte, dass der Kläger unter einer der in den beiden Klageschriften genannten E. Anschriften wohnhaft sei.

11

Im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht am 25. März 2014 ließ der Kläger über seinen vormaligen Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. F. erklären, der Kläger sei unter der von der Beklagten über die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ermittelten f. Adresse wohnhaft. Ein Versuch des Arbeitsgerichts, den Kläger unter dieser Anschrift zum Kammertermin zu laden, blieb jedoch erfolglos. Das Anschreiben kam mit dem Vermerk zurück: „Destinataire inconnu à l’adress“ (Bl. 129 der arbeitsgerichtlichen Akte).

12

Mit Schriftsatz vom 10. Juni 2014 (Bl. 123 der arbeitsgerichtlichen Akte) teilten die vormaligen Prozessbevollmächtigen des Klägers, Rechtsanwälte V., im Rahmen ihrer Mandatsniederlegung mit, der Kläger habe ihnen „zuletzt seine aktuelle Anschrift für die Zustellung von Post im hiesigen Verfahren genannt“. Diese laute: G. 4, S.. Eine Terminsladung des Klägers unter dieser Anschrift war erfolgreich. Das Schriftstück würde ausweislich der Zustellungsurkunde (Bl. 127 der arbeitsgerichtlichen Akte) in einen zur Wohnung gehörenden Briefkasten eingelegt.

13

Im Kammertermin des Parallelverfahrens 25 Ca 1119/14, welcher zeitgleich mit dem Kammertermin im vorliegenden Verfahren stattfand, erklärte der Kläger jedoch zu Protokoll, dass er in S./F. gemeldet sei, er könne aber unter der angegebenen Anschrift in S. erreicht werden (Bl. 146 der arbeitsgerichtlichen Akte, 25 Ca 1119/14). Seine S. Wohnanschrift teilte er jedoch nicht mit.

14

Nach einer von Amts wegen eingeholten Auskunft des Einwohnermeldeamts der Stadt E. vom 20. Mai 2015 war der Kläger unter der in der Klageschrift genannten Anschrift W. 16, E., lediglich im Nebenwohnsitz gemeldet im Zeitraum vom 21. April 2008 bis 19. Juni 2008. Vom 1. Mai 2009 bis 3. Januar 2011 war der Kläger unter der in der Klageschrift des Verfahrens 25 Ca 1119/14 genannten Anschrift W. 21, E., gemeldet, von wo aus sich der Kläger wegen am 3. Januar 2011 erfolgten Umzugs nach F. abgemeldet habe.

15

Ausweislich der ebenfalls von Amts wegen eingeholten Auskunft aus dem elektronischen Meldeportal war der Kläger Stand 13. Mai 2015 im Datenbestand von S. unter der Adresse G. 4 weder als gemeldet, noch als gemeldet gewesen, verzeichnet. Zu selbigen Ergebnis kam bereits die Beklagte auf ihre Einwohnermeldeamtsanfrage vom 23. Juni 2014 (Bl. 133 der arbeitsgerichtlichen Akte).

16

Gegen den Kläger war bereits während der Zeit seiner tatsächlichen Beschäftigung bei der Beklagten ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen zahlreicher Vermögensdelikte anhängig, weshalb auf Antrag der Staatsanwaltschaft Zwickau vom zuständigen Amtsgericht Haftbefehl gegen den Kläger erlassen wurde. Der Kläger wurde auf Grundlage dieses Haftbefehls am 14. November 2014 in der Wohnung in A., O. 29, festgenommen und in Untersuchungshaft genommen. Der Kläger wurde mittlerweile wieder auf freien Fuß gesetzt.

17

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. Juli 2014 abgewiesen. Das Arbeitsgericht hielt die Klage für zulässig, ging jedoch nach Durchführung einer Beweisaufnahme vom Zugang der Kündigung am 20. Januar 2014 aus. Diese Kündigung habe das Arbeitsverhältnis mangels rechtzeitiger Klageerhebung innerhalb der Frist des § 4 KSchG beendet.

18

Dieses Urteil wurde dem vormaligen Klägervertreter, Herrn Rechtsanwalt H., am 6. August 2014 zugestellt. Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende Berufung des Klägers, die am 23. August 2014 durch die nächsten Prozessbevollmächtigten Rechtsanwälte L. eingelegt wurde und die innerhalb der bis 31. Oktober 2014 verlängerten Begründungsfrist durch den nachfolgenden vormaligen Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt Prof. Dr. N. am 22. Oktober 2014 begründet wurde. Die Anschrift des Klägers wurde in der Berufungsschrift angegeben mit G. 4, S..

19

Der Kläger verfolgt sein Klagebegehren in der Berufungsinstanz weiter und rügt, dass das Arbeitsgericht schon verkannt habe, dass bereits der Vortrag der Beklagten zum Kündigungszugang unschlüssig sei. Im Übrigen beanstandet er die Richtigkeit der durch die Beweiserhebung gewonnenen Tatsachenfeststellungen.

20

Nachdem der wegen des inzwischen achten Wechsels der Prozessbevollmächtigten von Klägerseite gestellte Terminsverlegungsantrag vom 18. Mai 2015 mit Beschluss vom 19. Mai 2015 zurückgewiesen wurde, ist für die Klägerseite zum Berufungstermin am 20. Mai 2015 niemand erschienen.

21

Die Beklagte beantragt:

22

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgericht Stuttgart vom 22. Juli 2014 (25 Ca 1214/14) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage bereits als unzulässig abgewiesen wird.

23

Hilfsweise:

24

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgericht Stuttgart vom 22. Juli 2011 (25 Ca 1214/14) wird zurückgewiesen.

25

Sie meint, die Klage sei mangels ordnungsgemäßer Angabe einer Wohnanschrift des Klägers bereits unzulässig, weshalb die Berufung durch ein sogenanntes unechtes Versäumnisurteil zurückzuweisen sei. Lediglich hilfsweise soll die Berufungszurückweisung durch echtes Versäumnisurteil erfolgen.

26

Im Übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

27

Die Berufung des Klägers ist zwar zulässig, aber mangels Zulässigkeit der Klage nicht begründet. Nachdem der Kläger im Berufungstermin säumig war, musste deshalb die Berufung des Klägers durch kontradiktorisches sogenanntes „unechtes Versäumnisurteil“ mit der Maßgabe zurückgewiesen werden, dass die Klage bereits als unzulässig abzuweisen war (Zöller/Heßler ZPO 30. Aufl.. § 539 Rn. 7). Auch dieses „unechte Versäumnisurteil“ hatte gem. §§ 64 Abs. 7, 55 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG vom Vorsitzenden in Alleinentscheidung erlassen zu werden (HWK/Ziemann, 6. Aufl. § 55 ArbGG Rn. 11). Die Zulässigkeitsbedenken waren von Amts wegen zu prüfen (Zöller/Heßler ZPO 30. Aufl. § 539 Rn. 6)

I.

28

Die Berufung ist zulässig.

29

1. Die Berufung ist gem. § 64 Abs. 2 lit. c ArbGG statthaft. Sie wurde auch unter Berücksichtigung von § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.

30

2. Die Berufung wurde auch formgerecht eingelegt und begründet iSv. § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO.

31

In dieser Prüfungsstufe kann noch dahinstehen, ob die in der Berufungsschrift angegebene Anschrift des Klägers in der G. 4, S. richtig war/ist. Denn obwohl § 519 Abs. 4 ZPO auf die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze und somit auch auf § 130 Nr. 1 ZPO verweist, ist anerkannt, dass die Angabe der Anschrift einer Partei nicht notwendig ist, um ihre Parteirolle in der Berufungsinstanz zu bestimmen, auch wenn dadurch Zustellungen erschwert werden. Dies gilt selbst dann, wenn schon erstinstanzlich die Anschrift in der Klageschrift nicht angegeben war (BGH 9. Dezember 1987 - IV b ZR 4/87 - BGHZ 102, 332). Selbiges muss auch gelten, wenn der Kläger eine Anschriftenangabe in beiden Instanzen nicht gänzlich unterlassen hat, aber jeweils eine unzutreffende Anschrift angegeben hat.

32

3. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig.

II.

33

Die Berufung ist aber nicht begründet. Denn die Klage ist bereits unzulässig, weil der Kläger durchgehend unter falscher Adressangabe prozessierte.

34

1. Die Klageschrift ist Anlass und Voraussetzung für das gerichtliche Verfahren und soll für dieses eine möglichst sichere Grundlage schaffen. Enthält schon die Klageschrift keine ladungsfähige Anschrift, ist die Klage nach herrschender Meinung jedenfalls dann unzulässig, wenn die Angabe der Adresse ohne Weiteres möglich ist und dieser Adressangabe kein schützenswertes Interesse entgegensteht. Es fehlt dann an der Zulässigkeitsvoraussetzung einer Ordnungsgemäßheit der Klageerhebung im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 ZPO iVm. § 130 Nr. 1 ZPO. Obwohl die in § 253 Abs. 4 ZPO in Bezug genommene Bestimmung des § 130 Nr. 1 ZPO grundsätzlich nur eine Sollvorschrift darstellt, ist hieraus angesichts der Bedeutung der Klageschrift für den Gang des Verfahrens ein zwingendes Erfordernis für diesen den Rechtsstreits einleitenden Schriftsatz zu entnehmen (BGH 17. März 2004 - VIII ZR 107/02 - NJW-RR 2004, 2325; BGH 9. Dezember 1987 aaO). Entnommen wird die Notwendigkeit der Adressangabe in der Klageschrift unter anderem auch aus der Notwendigkeit der Ermöglichung einer Kostenbeitreibung bei Kostenpflicht des Klägers im Unterliegensfalle. Der Kläger hat durch seine Adressangabe zu dokumentieren, dass er sich auch den möglichen Folgen einer Kostenpflicht stellen wird. Denn legte es ein Kläger darauf an, den Prozess aus dem Verborgenen zu führen, um sich dadurch einer möglichen Kostenpflicht zu entziehen, müsste ohnehin von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten ausgegangen werden (BGH 9. Dezember 1987 aaO).

35

Selbiges muss auch dann gelten, wenn der Kläger den Prozess nicht dergestalt aus dem Verborgenen führt, indem er seine Anschrift nicht angibt, sondern vielmehr seine Anschrift von Vornherein unzutreffend angibt und auf Rüge diesen Mangel nicht behebt (OLG Frankfurt am Main 14. Januar 1992 - 5 U 190/91 - NJW 1992, 1178).

36

2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass keine der vom Kläger im Laufe des Verfahrens genannten Anschriften richtig war.

37

a) Das Einwohnermeldeamt der Stadt E. teilte am 20. Mai 2015 auf das von Amts wegen erfolgte Auskunftsersuchen mit, dass der Kläger unter der in der Klageschrift benannten Anschrift W. 16, E. lediglich im Zeitraum 21. April 2008 bis 19.06.2008 im Nebenwohnsitz gemeldet war. Dass diese Anschrift lediglich zur Verschleierung angegeben wurde, lässt sich auch aus der Anschriftenangabe W. 21, E. in der nur zwei Tage zuvor verfassten Klageschrift des Parallelverfahrens 25 Ca 1119/14 entnehmen. Auch an dieser abweichenden Adresse wohnte der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung schon lange nicht mehr. Vielmehr hat sich der Kläger von dieser Adresse beim Einwohnermeldeamt bereits mit Wirkung zum 3. Januar 2011 abgemeldet wegen eines Umzugs nach F..

38

Unter diesen Anschriften konnten - auch vom Kläger unbestritten - bereits die Kündigungsschreiben der Beklagten nicht zugestellt werden.

39

Außerdem räumte der Kläger auch mittelbar selbst ein, unter diesen Anschriften nicht wohnhaft (gewesen) zu sein. Denn im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht ließ er vortragen, dass die f. Anschrift in L. die richtige Anschrift sei. Im Kammertermin in Sachen 5 Ca 1119/14 erklärte er sodann, er wohne in S./F.. Dies jedenfalls würde sich decken mit der amtlichen Auskunft des Einwohnermeldeamts der Stadt E., dass der Kläger nach F. verzogen sei.

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b) Aber auch die Angabe des vormaligen Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. F. im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht, dass der Kläger in L., F. wohnhaft sei, erwies sich als unzutreffend. Versuche des Arbeitsgerichts, den Kläger unter dieser Anschrift zum Kammtermin zu laden, scheiterten. Dies dürfte auch der Grund gewesen sein, weshalb der vormalige Prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt Dr. F. im Rahmen seiner Mandatsniederlegung auf Aufforderung des Arbeitsgerichts mitteilte, der Kläger habe nunmehr die Anschrift G. 4, S. als dauerhafte Anschrift für die Zustellung von Post benannt.

41

c) Jedoch war der Kläger nach dem Ergebnis der Amtsermittlung auch unter der Anschrift G. 4, S. zu keinem Zeitpunkt wohnhaft.

42

Jedenfalls war der Kläger unter dieser Anschrift sowohl ausweislich der von der Beklagten eingeholten Einwohnermeldeamtsauskunft, als auch nach der vom Gericht eingeholten elektronischen Einwohnermeldeamtsauskunft zu keinem Zeitpunkt gemeldet.

43

Der Kläger hat auch selbst nie behauptet, unter dieser Anschrift wohnhaft (gewesen) zu sein. Vielmehr hatte Herr Rechtsanwalt Dr. F. mit Schriftsatz vom 10. Juni 2004 lediglich (kryptisch) mitgeteilt, dass ihm der Kläger dies als zuletzt aktuelle „Anschrift für die Zustellung von Post im hiesigen Verfahren“ genannt habe. Dies deckt sich mit der Erklärung des Klägers im Kammertermin im Parallelverfahren 25 Ca 1119/14, wonach er in S./F. gemeldet sei. Unter der S. Anschrift könne er lediglich „erreicht“ werden. In der G. 4 in S. wird jedoch ein Büroservice S. (www.X.de) betrieben, dessen Geschäftszweck unter anderem die Vermietung von Briefkästen/anonymen Postanschriften ist. Gerade wegen der Eigenangabe des Klägers im Kammertermin am 22. Juli 2004 ist davon auszugehen, dass der Kläger in der G. 4 in S. nicht gewohnt hat und auch weiterhin nicht wohnt, sondern lediglich organisiert hat, dass Postzustellungsversuche ihm von dort, auf welche Weise auch immer, weitergeleitet werden.

44

d) Darüber, ob der Kläger, wie von ihm angegeben, in S./F. wohnhaft ist oder in A., wo er auch verhaftet wurde, oder anderswo, mag man spekulieren. Dies kann aber dahinstehen, da genaue Anschriften dieser möglichen Wohnorte von ihm nicht genannt wurden.

45

3. Einer ordnungsgemäßen Angabe der Wohnanschrift stand auch kein schützenswertes Interesse des Klägers entgegen.

46

a) Es wird zwar vertreten, dass für die Zulässigkeit einer Klage die Angaben einer ladungsfähigen Anschrift nicht verlangt werden kann, wenn sich der Kläger bei ihrer Nennung der konkreten Gefahr einer Verhaftung aussetzen würde, die Identität des Klägers feststeht und die Möglichkeit einer Zustellung an einen Zustellungs- oder Prozessbevollmächtigten sichergestellt ist. Dies ergebe sich aus dem Gebot des effektiven Rechtschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG unter Berücksichtigung dessen, dass es nach § 258 Abs. 5 StGB niemandem zugemutet werden könne, sich selbst der Strafvollziehung auszuliefern (BFH 19. Oktober 2000 - IV R 25/00 BFHE 193, 52).

47

b) Es mag zwar gemutmaßt werden, dass die Verschleierung der richtigen Anschrift durch den Kläger seinen Grund in dem zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits bestehenden Haftbefehl hatte. Dieser Grund dürfte aber spätestens seit der tatsächlichen Verhaftung am 14.11.2014 entfallen sein. Der Kläger ist wieder auf freiem Fuß, hat seine korrekte Anschrift aber weiterhin nicht offenbart.

48

c) Zwar ist anerkannt, dass wenn eine Klage ursprünglich mit richtiger Adressangabe zulässig eingelegt wurde, diese Zulässigkeit nicht deshalb wieder entfällt, wenn der Kläger, ohne dies dem Gericht mitzuteilen, einen Adresswechsel vorgenommen hat (BGH 17. März 2004 aaO). Dies kann aber nicht auf einen Fall wie vorliegenden übertragen werden, in dem die Klage möglicherweise ursprünglich zulässig ohne richtige Adressangabe eingelegt wurde, der Kläger aber auch dann noch im Verborgenen bleibt, wenn der anerkannte triftige Grund für das Verbergen in Wegfall geraten ist. Denn in ersterem Fall hat der Kläger wenigstens zu Beginn dokumentiert, für etwaige Kostenfolgen des Prozesses einstehen zu wollen. Im letzteren Falle will der Kläger eine solche Dokumentation trotz inzwischen eingetretener Zumutbarkeit der Adressoffenbarung aber gerade nicht abgeben. Dies wird im vorliegenden Fall besonders offenkundig. Die Beklagte wird aller Voraussicht nach erhebliche Schwierigkeiten haben, ihren Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger geltend machen zu können.

III.

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Nebenentscheidungen

50

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO:

51

2. Gründe für eine Revisionszulassung gem. § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.