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Keine Casino- und Pokerspiele im Internet - VG Berlin 23 L 75.15

27. Sep
2015

Für die Veranstaltung unerlaubten Glücksspiels im Internet können sich die Anbieter nicht auf Genehmigungen aus Malta und aus Schleswig-Holstein berufen. Die Rechtslage in Deutschland sei nicht deshalb inkohärent, weil andere Arten von Glücksspielen vom Gesetzgeber als erlaubnisfähig angesehen würden.

Volltext des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. September 2015 VG 23 L 75.15:


Tenor

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 100.000,- Euro festgesetzt.


Gründe

I. Die Antragstellerinnen sind zwei Gesellschaften in der Rechtsform der Limited, die in Malta ansässig sind. Während die Antragstellerin zu 1. über zwei von den maltesischen Behörden ausgestellte Konzessionen verfügt, die sie berechtigen, Casinospiele im Internet anzubieten und zu veranstalten, ist die Antragstellerin zu 2. im Besitz einer entsprechenden Konzession für die Veranstaltung von Sportwetten. Die Antragstellerin zu 2. verfügt zudem über eine vom Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein am 19. Dezember 2012 erteilte, bis zum 18. Dezember 2018 gültige und auf Schleswig-Holstein begrenzte Erlaubnis zur Durchführung von Online-Casinospielen; bestimmte Casino- und Pokerspiele sind von der Genehmigung ausdrücklich ausgenommen. Beide Antragstellerinnen betreiben seit über zehn Jahren gemeinschaftlich die Internetseite „www.bet-at-home.com“, die in Deutschland in deutscher Sprache abgerufen werden kann. Dort werden neben Sportwetten auch Casino- und Pokerspiele angeboten. Die Antragstellerinnen betrachten sich selbst als zwei der größten internationalen Anbieter von Sportwetten und Glücksspielen im Internet in Europa und weltweit.

Im Juni 2014 vereinbarten die Bundesländer „ein konsequentes Vorgehen“ gegen unerlaubtes Glücksspiel im Internet, insbesondere gegen Casino- und Pokerspiele. Hierzu erstellten sie ein Ranking der Anbieter derartiger Glücksspiele im Internet, um ein abgestuftes Vorgehen zunächst gegenüber Anbietern mit hohem Bekanntheitsgrad und großen Besucherzahlen zu ermöglichen. Ziel sollte ein flächendeckender Vollzug gegenüber allen Anbietern in allen Bundesländern sein. Aufgrund bestimmter Kriterien wurde ein „priorisiertes Einschreiten“ angestrebt, wobei Umfang und Verbreitung des Angebots („Große vor Kleinen“), Gefährlichkeit des angebotenen Spiels und Effizienz des Eingreifens maßgeblich sein sollten. Dies sollte insbesondere für Casinospiele einschließlich Poker mit einem besonders hohen Suchtrisiko gelten. Die Länder vereinbarten daraufhin, welches Bundesland jeweils gegen welchen Anbieter vorgehen sollte. Anknüpfungspunkt war hierbei u.a. der Aspekt, ob das jeweilige Bundesland bereits mit einem der größten Anbieter von Online-Glücksspielen vorbefasst war. Dabei entfiel die so gefundene Zuständigkeit für die beiden Antragstellerinnen auf das Land Berlin.

Mit Anhörungsschreiben vom 25. August 2014 eröffnete das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) den Antragstellerinnen seine Absicht, als zuständige Behörde die Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel, die Werbung hierfür sowie die Unterstützung dieser Tätigkeiten auf dem Gebiet des Landes Berlin zu untersagen. Bei unverzüglicher freiwilliger Einstellung dieses Angebots und entsprechende Mitteilung könnten die Antragstellerinnen eine gebührenpflichtige und sofort vollziehbare Untersagungsverfügung vermeiden.

Mit Schreiben vom 11. September 2014 äußerte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerinnen Bedenken gegen das beabsichtigte Vorgehen der Behörde. Bereits in der Vergangenheit sei ein Untersagungsverfahren durchgeführt worden, welches allerdings durch eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg aufgehoben worden sei. Das Gericht habe seinerzeit darauf verwiesen, dass eine fehlende Erlaubnis solchen Anbietern von Glücksspielen nicht entgegengehalten werden könne, die faktisch keine Erlaubnis bekommen könnten. Diese Rechtsauffassung sei von anderen Gerichten geteilt worden. Die Behörde habe sich in einem Vergleich verpflichtet, aus der angefochtenen Untersagungsverfügung keine Rechtswirkungen mehr herzuleiten. Die Rechtslage habe sich nicht geändert, da es - mit Ausnahme des Bundeslandes Schleswig Holstein - nicht möglich sei, eine entsprechende Konzession zu erhalten. Die Antragstellerin zu 2. verfüge im Übrigen über eine Lizenz zur Veranstaltung von Sportwetten und Casinospielen aus dem Land Schleswig-Holstein. Nach der Lizenz dürfe bundesweit hierfür geworben werden, so dass die Untersagung aus diesem Grund nicht möglich sei. Die Antragstellerin zu 2. habe sich überdies um eine Sportwettenkonzession beim hessischen Innenministerium beworben. Die Erteilung einer Konzession sei in Aussicht gestellt. Ihre Produkte seien daher offensichtlich erlaubnisfähig. Unabhängig hiervon werde seit über vier Jahren gegen Anbieter von Glücksspielen im Internet nicht eingeschrit-ten. Es bestehe insgesamt eine in Deutschland inkohärente Rechtslage. Es sei technisch nicht möglich, die Nutzung der Konzession auf Schleswig-Holstein zu beschränken, auch nicht durch den Einsatz der Geolokalisationstechnik. Entsprechend könne man die Nutzung auch nicht in einem einzelnen Bundesland verbieten.

Das LABO erwiderte hierauf mit Schreiben vom 13. Oktober 2014, ein Einschreiten gegen das Angebot von Sportwetten sei nicht beabsichtigt. Soweit nach dem Glücksspielstaatsvertrag der Vertrieb und die Vermittlung von Lotterien und die Vermittlung von Sportwetten erlaubt werden könne, führe dies wegen des unterschiedlichen Gefährdungspotenzials nicht zu einer Inkohärenz im Verhältnis zu Casinospielen. Gleiches gelte für die unterschiedliche Rechtslage in Schleswig- Holstein, die nur vorübergehend gegolten habe. Die jahrelange Untätigkeit der Bundesländer ge-genüber Glücksspielanbietern werde nunmehr beendet, nachdem diese sich einig darüber seien, dass in einer konzertierten Aktion eingeschritten werden solle. Aus der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg könnten die Antragstellerinnen nichts herleiten, weil das Gericht ausdrücklich nach der Art des Glücksspielangebots differenziert habe. Der Einsatz der Geolokalisationstechnik sei eine taugliche und technisch umsetzbare Methode zur Ermittlung des Aufenthalts der Besucher. Soweit die Antragstellerinnen nach der schleswig-holsteinischen Lizenz bundesweit werben dürften, erstrecke sich diese Berechtigung nur auf das Angebot in Schleswig-Holstein selbst.

Hierauf äußerte sich der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerinnen mit Schreiben vom 14. November 2014 wie folgt: Der von der Behörde in den Blick genommene § 4 Abs. 4 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) werde sich als gemeinschafts- und verfassungswidrig erweisen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund der Genehmigung aus Schleswig-Holstein. Der zugrunde liegende Bewilligungsbescheid habe eine Reihe von Pokerspielen dort ausdrücklich genehmigt. Dies gelte auch für andere Anbieter, die hiervon Gebrauch machten. Es komme nach der Rechtsprechung des EuGH für die Frage der Kohärenz aber nicht nur auf eine europa-rechtskonforme Gesetzeslage an, sondern auf die tatsächliche Ausgestaltung in den jeweiligen Mitgliedstaaten an. Immerhin gölten die in Schleswig-Holstein erteilten Erlaubnisse über einen Zeitraum von sechs Jahren. Der EuGH habe entscheidende Fragen in diesem Zusammenhang noch nicht geklärt. Eine Vorlage des Amtsgerichts Sonthofen an dieses Gericht werde möglicherweise demnächst Klarheit bringen. Es treffe nicht zu, dass sich die Bundesländer über ein Vorgehen über Glücksspielan-gebote im Internet einig seien. Es sei keine einzige aktuelle Verbotsverfügung bekannt, die Bestand gehabt hätte. Eine Untersagungsverfügung sei auch deshalb rechtswidrig, weil diese ungeeignet wäre, das Ziel des Verbots von Glücksspielen im Internet tatsächlich zu erreichen. Es gebe mehrere 100 Internetseiten international tätiger Casino- und Wettanbieter, deren Seiten aus allen Bundesländern besucht werden könnten und über die Glücksspiele abgewickelt würden. Gegen jene Unternehmen gehe die Behörde ersichtlich nicht vor, weshalb die gegen sie gerichteten Maßnahmen auch unverhältnismäßig seien. In der Vergangenheit seien derartige Verbote auch faktisch nicht durchgesetzt worden. Auch dies sei im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Der Einsatz der Geolokalisationtechnik sei weder möglich noch angemessen. Diese Technik könne nicht sicher ausschließen, dass nicht auch unberechtigte Spieler derartige Glücksspielangebote wahrnähmen. Die Technik funktioniere auch nicht einwandfrei. Ungeachtet dessen fehle es auch an einem Nachweis dafür, dass das Angebot von Glücksspielen im Internet ein höheres Gefährdungspotenzial aufweise als Angebote solcher Spiele im stationären Bereich. Die Länder hätten zu keinem Zeitpunkt Gutachten hierzu eingeholt, obwohl dies vom EuGH gefordert worden sei. Dieses Gericht habe mehrfach darauf hingewiesen, dass nicht ersichtlich sei, dass von der Vermittlung im Internet höhere Gefahren ausgingen. Zudem habe der Gesetzgeber ein generelles Verbot für den Bereich der Sportwetten im Internet gerade aufgehoben. Es lasse sich nicht belegen, dass derar-tige Spiele weniger gefährlich seien als etwa Casinospiele im Internet. Casinospiele in staatlichen Spielbanken und Spielhallen seien aber gerade zulässig, so dass die Ungleichbehandlung einer Rechtfertigung bedürfe, die nicht zu erkennen sei. Zum Beleg für die mit der Geolokalisation verbundenen Schwierigkeiten beriefen sich die Antragstellerinnen auf ein Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Dieter Kranzlmüller vom 30. September 2014 für das Landgericht Stuttgart, in dem im Rahmen eines zivilrechtlichen Rechtsstreits zu den mit dieser Technik verbundenen Möglichkeiten und Schwierigkeiten Stellung genommen wird.

Nachdem die Beteiligten im Dezember 2014 nochmals ihre unterschiedlichen Rechtsstandpunkte ausgetauscht hatten, erließ das LABO mit an beide Antragstellerinnen zugleich gerichteten Bescheid vom 5. Februar 2015 eine Verfügung, mit der beiden untersagt wurde, in Berlin im Internet unerlaubt die unter der Adresse „www.bet-at-home.com“ angebotenen Casino- und Pokerspiele zu veranstalten und hierfür zu werben (1.). Insbesondere forderte die Behörde einen deutlichen Hinweis darauf, dass nur diejenigen Spieler an derartigen Spielen in Deutschland teilnehmen dürften, an deren Aufenthaltsort zum Zeitpunkt der aktiven Spielaufnahme nach der dort gültigen Rechtslage die Teilnahme ausdrücklich erlaubt sei; dies sei nur in Schleswig-Holstein der Fall (2.). Zudem ordnete die Behörde an, die Spieler über den Aufenthaltsort zum Zeitpunkt der aktiven Spielaufnahme zu befragen und denjenigen Spielern die Annahme zu verweigern, die entweder die aktive Spielaufnahme von Berlin aus verfolgten oder die zur Frage nach ihrem Aufenthaltsort wahrheitswidrig geantwortet hätten (3.). Schließlich wurde den Antragstellerinnen aufgegeben, zum Ausschluss wahrheitswidriger Angaben mithilfe geeigneter technischer Methoden (etwa der Geolokalisation) eine aktive Spielteilnahme von Berlin aus auszuschließen, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich sei (4.). Für die Erfüllung räumte die Behörde eine Frist von vier Wochen hinsichtlich der Anordnung zu 1. und im Übrigen von vier Monaten nach Bekanntgabe des Bescheides ein. Eine Frist-verlängerung sei möglich, wenn die technischen Maßnahmen einen längeren Zeitraum erforderten.

Zur Begründung führte die Behörde aus: Für die von den Antragstellerinnen veranstalteten Glücksspiele fehle es im Land Berlin an einer gültigen Erlaubnis. Die Lizenz aus Malta habe hier keine Gültigkeit, da nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH die in einem Mitgliedstaat erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis nicht in anderen Mitgliedstaaten gelte. Die durch das Innenministerium von Schleswig-Holstein erteilte Erlaubnis sei ausdrücklich auf dieses Bundesland beschränkt. Der EuGH ha-be zudem ausdrücklich klargestellt, dass die anderen Bundesländer in Deutschland auch unter Kohärenzgesichtspunkten nicht verpflichtet seien, die in einem Bundesland (Schleswig-Holstein) nur noch befristet geltende Rechtslage zu Grunde zu legen. Zudem habe sich Schleswig-Holstein als letztes Bundesland dem neuen Glück-spielstaatsvertrag angeschlossen. Daher gelte § 4 Abs. 4 GlüStV, wonach das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet grundsätzlich verboten seien. Erlaubnisfähig seien nur die in Abs. 5 der Vorschrift genannten Sport-wetten, um die es hier nicht gehe. Zugleich werde die Werbung für derartige Glücksspiele verboten. Zu einem Verbot gebe es keine Alternative. Die Behörde gehe auch nicht willkürlich gegen die Antragstellerinnen als einzige Anbieterinnen vor, da dem eine gemeinsame Aktion aller Bundesländer gegen unerlaubtes Glücksspiel zugrun-deliege. Das Einschreiten erfolge nach den Kriterien Betriebsergebnisse/Umsätze, der Zahl der monatlichen Webseitenbesucher sowie dem Werbeaufwand. Zu dem beabsichtigten Vorgehen seien insgesamt 25 der größten Anbieter angehört worden, zu denen auch die Antragstellerinnen zählten. Die im Einzelnen auferlegten Verpflichtungen dienten der Durchsetzung der Untersagungsverfügung. Da die Anordnung zu 1. alleine nicht ausreiche, um zur Spielaufnahme im Land Berlin entschlossene Spielinteressierte von der Teilnahme abzuhalten, seien die Anordnungen zu 2. – 4. ergangen. Sie zielten darauf ab, einen Ausschluss der Spielteilnehmer von Berlin aus zu gewährleisten, soweit dies technisch möglich und zumutbar sei. Auch das eingereichte Gutachten zur Geolokalisation sei geeignet, die Durchsetzung der Anordnung zu gewährleisten. Der Gutachter habe ausdrücklich ausgeführt, dass eine Trefferwahrscheinlichkeit von 99 % zu erreichen sei. Für den Fall der Zuwiderhandlungen gegen die einzelnen Anordnungen drohte die Behörde ein Zwangsgeld i.H.v. 10.000 € (Verfügung zu 1.) bzw. von insgesamt 40.000 € (Verfügung zu 2. bis 4.) an.

Gegen den am 20. Februar 2015 zugestellten Bescheid legten die Antragstellerinnen am 25. Februar 2015 Widerspruch ein, im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die bisherigen Ausführungen. Zur Begründung verwiesen sie ergänzend darauf, dass entgegen der Darstellung des Antragsgegners aktuell keine Untersagungsverfügun-gen gegen Anbieter vergleichbarer Casino- und Pokerspiele ergangen seien. Es sei auch nicht ersichtlich, dass es sich um eine gemeinsame Aktion aller Bundesländer handele. Schon nach dem eigenen Vortrag des Antragsgegners sei ein Vorgehen gegen lediglich 25 der größten Anbieter ungeeignet, da es im Internet mehrere 1.000 solcher Angebote gebe. Gegen 99 % des Marktes werde also von vornherein nicht eingeschritten. Zugleich regte der Bevollmächtigte eine Aussetzung der Vollziehung an.

Nachdem das LABO diesen Antrag mit Schreiben vom 5. März 2015 abgelehnt hatte, haben die Antragstellerinnen am 24. März 2015 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung führen sie im Wesentlichen in Ergänzung zum bisherigen Vortrag aus: Die Behörde sei für den Erlass der angegriffenen Verfügung schon nicht zuständig. Die Zuständigkeit des LABO erstrecke sich allein auf das Land Berlin. Darüber gehe die Anordnung zu 1. hinaus, weil darauf verwiesen werde, dass eine Teilnahme in ganz Deutschland nur für diejenigen möglich sei, die nicht in Schleswig-Holstein ansässig seien. Die Behörde dürfe deshalb allenfalls die Verpflichtung aussprechen, darauf hinzuweisen, dass Kunden aus Berlin nicht an den in Rede stehenden Spielen teilnehmen dürften. Die Behörden in den anderen Bundesländern hätten aber zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, gegen sie selbst vorzugehen. Dem Land Berlin hätten sie daher keinerlei entsprechende Vorgaben gemacht. Allein das Land Hessen sei für Verfügungen der angegriffenen Art zuständig (§ 9a Abs. 3 S. 1 GlüStV).

In der Sache sei die Verfügung in Teilen nicht erforderlich. Es sei nämlich nicht nötig, die Spieler vor der Spielteilnahme über ihren Aufenthaltsort zu befragen. Wenn nämlich unter 4. des Bescheides der Einsatz etwa der Geolokalisationtechnik verlangt werde, müsse ein Spieler nicht zuvor hierüber befragt werden. Beide Regelungen kumulativ nebeneinander seien daher überflüssig. Ihnen werde auch insoweit Unmögliches aufgegeben, als dass eine Spielteilnahme verweigert werden müsse, wenn sich die Angaben eines potentiellen Spielers zu seinem Standort als wahrheitswidrig herausstelle. Der Wahrheitsgehalt der jeweiligen Angabe lasse sich nicht hundertprozentig verifizieren. Auch der Antragsgegner gehe davon aus, dass die Technik umgangen werden könne, wie der Hinweis auf die mangelnde Zurechnung eines solchen Verhaltens deutlich mache. Es hänge vom Zufall ab, in welchen Fällen sie einen Spieler, der die Vorkehrungen bewusst umgehe, überprüften. Daher verstoße die Regelung auch gegen das Bestimmtheitsgebot. Es bleibe am Ende der Ziffer 1. auch unklar, ob beide Antragstellerinnen diesen Teil der Verfügung einhalten müssten oder nicht. So stelle die Regelung eine unzulässige Vorratsverfügung dar, weil die Antragstellerin zu 2. nur unter bestimmten Voraussetzungen in Anspruch genommen werden solle. Das ihnen aufgegebenen Verfahren zur Feststellung des Aufenthaltsortes eines potentiellen Spielers, insbesondere das Verfahren der Geolokalisation, sei ohnehin bedenklich. Wiederholt hätten Gerichte und Gutachter Zweifel hieran geäußert. Selbst wenn diese Methode technisch ausgereift wäre, erfordere deren Einsatz eine Investition in Höhe eines sechsstelligen Betrages, der in keinem Verhältnis zu dem angestrebten Nutzen stehe.

Die Verfügung sei auch deshalb rechtswidrig, weil die gesamte Rechtslage im Zusammenhang mit Online-Casinospielen in Deutschland inkohärent sei. Die gesetzgeberische Wertung von Glücksspielen habe sich in den vergangenen Jahren geändert. So seien Sportwetten - wie das Konzessionsverfahren hierzu belege - vom Gesetzgeber als erlaubnisfähig angesehen worden. Auch die Veranstaltung von Lotte-rien im Internet und die Werbung hierfür seien nunmehr möglich. Die Rechtslage in Schleswig-Holstein zeige, dass der Gesetzgeber dort ebenfalls verschiedene Arten von Glücksspiel im Internet als erlaubnisfähig angesehen habe. Die dort erteilten Genehmigungen gölten weiter. Gegenwärtig dürften 20 Anbieter im Internet-Casinospiele auf der Grundlage von schleswig-holsteinischen Lizenzen anbieten, die zum Teil noch sechs Jahre fortdauern dürften. Daher sei die Lage in Deutschland insgesamt nicht mit den Anforderungen vereinbar, die der EuGH an die Kohärenz stelle. Das Erfordernis der Kohärenz bestehe ungeachtet der föderalen Strukturen in der Bundesrepublik Deutschland. Selbst wenn das Glücksspielrecht also Ländersache sei, müssten diese koordiniert und einheitlich ein sinnvolles Vorgehen abstimmen.

Auch verstießen die Regelungen des GlüStV über das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Internet und der Werbung hierfür auch gegen die Berufsfreiheit. Es handele sich um einen massiven Eingriff in die Berufs-ausübung, für die es an der verfassungsrechtlichen Rechtefertigung fehle. Mit der gegen sie gerichteten Verfügung werde ausgerechnet gegen jemanden vorgegangen, der nicht nur eine maltesische, sondern auch eine schleswig-holsteinische Lizenz vorweisen könne. Selbst wenn tatsächlich gegen die von 25 größten Anbieter vorgegangen werde, stelle sich das Vorgehen vor dem Hintergrund, dass etwa 4.000 andere Unternehmen ähnliche Angebote machten, als willkürlich dar. Es sei ferner fehlerhaft, bei der Bedeutung der Unternehmen auf das Ranking abzustellen. Zahlreiche Kunden im Internet suchten sich die attraktivsten Seiten heraus, bei denen sie ungestört an Casinospielen teilnehmen könnten. Dies seien nicht immer jene, die im Ranking vorne lägen. Gerade diese Unternehmen verfügten nicht über die entsprechenden Lizenzen, die sie selbst demgegenüber vorweisen könnten. Sie würden da-her auch noch nicht einmal die von ihnen eingehaltenen Identifizierungs- und Authentifizierungsmaßnahmen durchführen. Belasse man also 99,9 % der Anbieter derartiger Spiele unbeanstandet und gehe - nachdem 15 Jahre nichts unternommen worden sei - nur gegen sie selbst vor, stelle sich dies als willkürlich dar. Bundesweit seien gegen keine anderen Anbieter entsprechender Angebote Ordnungsverfügun-gen erlassen worden. Es sei Sache des Antragsgegners nachzuweisen, dass das gesetzliche Verbot in der Vergangenheit und auch aktuell effektiv und tatsächlich umgesetzt worden sei bzw. werde. Die besonderen Gefahren von Casino- und Pokerspielen im Internet habe auch der Gesetzgeber bislang nicht belegt. Das entsprechende Verbot beruhe daher lediglich auf Behauptungen und Mutmaßungen. Ein Verbot sei auch deshalb nicht erforderlich, weil es mildere Mittel zur Erreichung der hiermit verfolgten Ziele gebe. Ein regulierter Online-Markt stelle sich als ein solches Mittel dar. Auch im Verhältnis zu über 100 Spielbanken in Deutschland, für die unbeschränkt geworben werde, stelle sich das Verbot nicht als kohärent und erforderlich dar. Die Länder hätten ein erhebliches eigenes fiskalisches Interesse daran, dass die Spielbanken fortbestünden und im Internet keine Konkurrenz hierzu heranwachse.

In Deutschland bestehe ein erhebliches Vollzugsdefizit, welches ein Vorgehen der jetzt beschrittenen Art nicht rechtfertigen könne. Wenn die Länder tatsächlich einheitlich gegen die von ihnen als Missstand betrachtete Situation vorgehen wollten, frage sich, warum von der Möglichkeit der Übertragung von Zuständigkeiten bislang kein Gebrauch gemacht worden sei. Tatsächlich hätten sich - mit einer Ausnahme - auch alle gegen sie gerichteten Ordnungsverfügungen durch Vergleiche oder ander-weitig erledigt. In Nordrhein-Westfalen sei aktuell keine einzige derartige Verfügung erlassen worden. Andere Bundesländer - etwa Bayern - hätten das strukturelle Vollzugsdefizit ihrerseits bestätigt. Vollzugsmaßnahmen des Landes Niedersachsen, das für die Unterbrechung der Finanzströme bei unerlaubtem Glücksspiel zuständig sei, seien nicht erfolgt. Wenn nur jeweils eine Verbotsverfügung gegen einen Anbieter hinsichtlich eines Bundeslandes ergehe, könne der jeweilige Anbieter weiterhin in allen anderen Bundesländern Glücksspiele anbieten; dies sei ebenfalls nicht kohärent. Abgesehen davon sei es auch technisch nicht möglich, ein Angebot nur in einem Bundesland abzuschalten.

Problematisch sei wegen ihres Sitzes auf Malta auch die Vollstreckung der angegriffenen Verfügung, da es kein Vollstreckungsabkommen zwischen diesem Land und Deutschland gebe. In der Rechtsprechung sei aber geklärt, dass ein fehlender Vollzug zur Rechtswidrigkeit von Verbotsverfügungen führen könne. Selbst wenn die Rechtslage unsicher sei, gehe ihr wirtschaftliches Interesse an einer unbeschränkten Durchführung der Casinoangebote dem öffentlichen Interesse vor, gerade auch weil gegen andere nicht eingeschritten werde. Soweit sich die Verbotsverfügung schließlich auf das Verbot von Pokerspielen beziehe, sei dies auch deshalb rechtswidrig, weil es sich hierbei nicht um ein verbotenes Glücksspiel handele. Die bedeutendste Variante von Poker sei die des „Texas Holdem“. Hierbei überwiege das Element der Geschicklichkeit gegenüber dem Element des Zufalls.

Die Antragstellerinnen beantragen sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Verfügung des Landesamtes für Bürger und Ordnungsangelegenheiten vom 5. Februar 2015 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hält sein Vorgehen für rechtmäßig und führt zur Begründung aus: Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen sei sie für die in Rede stehende Untersagungsverfügung zuständig. § 9a Abs. 2 Satz 2 GlüStV regele lediglich die Zuständigkeit für Maßnahmen mit Blick auf Sportwettenkonzessionen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass in Nr. 1 der angegriffenen Verfügung ein Hinweis auf die geltende Rechtslage in ganz Deutschland enthalten sei. Ein Hinweis, der sich lediglich auf Berlin erstreckte, wäre inhaltlich unrichtig und für potentielle Berliner Glücksspielinteressenten auch irreführend, weil dabei der Eindruck entstehen könne, dass sie nur in Berlin an der Teilnahme gehindert seien. Die Anordnung in Nr. 1 sei der erste Schritt zur konkreten Umsetzung der Untersagungsverfügung und habe einen eigenen Sinngehalt, der auch bei einem möglichen Wegfall der anderen Regelungen als Minimalforderung erhalten bleiben solle. Die Anordnung zu Nr. 2 sei erforderlich und auch nicht widersprüchlich. Die Befragung nach dem gegenwärtigen Aufenthaltsort sei der erste Schritt; wenn schon nach den eigenen Angaben eine aktive Spielteilnahme von Berlin aus erfolge, müsse die Teilnahme zwingend verweigert werden. Dies stelle keinen Widerspruch zu der Anordnung dar, gegebenenfalls den Standort eines Spielers zu verifizieren. Die Überprüfung in Nr. 4 betreffe diejenigen Spieler, die nicht bereits ihren eigenen Angaben zufolge vom Land Berlin aus spielen wollten. Dabei werde die Methode der Geolokalisation keinesfalls vorgeschrieben. Dies sei nur eine der Möglichkeiten, den Aufenthaltsort festzustellen. Diese Methode sei allerdings geeignet; auch nach den Feststellungen von Prof. Dr. Kranzlmüller werde eine Treffergenauigkeit von 99 % erreicht. Ein geringerer Wahrscheinlichkeitsgrad führe auch nicht zur Rechtswidrigkeit einer entsprechenden Anordnung. Die Antragstellerin zu 1. verfüge entgegen ihrer Darstellung nicht über eine Lizenz für die hier in Rede stehenden Online-Casino- und Pokerspiele. Es sei auch zulässig und notwendig, die Antragstellerin zu 2. in die Untersagungsverfügung mit aufzunehmen, eine unzulässige Vorratsverfügung liege nicht vor. Gerade weil die Gegenseite stets darauf verweise, dass die Antragstellerin zu 2. im Besitz einer Casinolizenz aus Schleswig Holstein sei, stelle sich der dahingehende Vortrag der Antragstellerinnen als widersprüchlich dar. Das ihm zustehende Ermessen habe er ordnungsgemäß ausgeübt. Ein willkürliches Handeln sei ihm nicht vorzuwerfen, weil jedenfalls im Grundsatz eine mit anderen Bundesländern abgestimmte Aktion durchgeführt werde. Die Antragstellerinnen gehörten ihrem eigenen Vortrag zufolge zu den größten Anbietern von Casino- und Pokerspielen im Internet. Gerade gegen solche Anbieter solle nach der Übereinkunft mit den anderen Bundesländern vorgegangen werden. Auf das festzustellende Voll-zugsdefizit könnten sich die Antragstellerinnen nicht berufen, weil dies unter anderem der unklaren Rechtslage geschuldet gewesen sei, die erst durch ein Urteil des OVG Münster vom Februar 2014 und ein Urteil des EuGH vom Juni 2014 geklärt worden sei. Er - der Antragsgegner - sei parallel gegen zwei weitere Anbieter vorgegangen, wobei einer von ihnen (die On_____ L_____) bereits Adressat einer Untersagungsverfügung des zuständigen Regierungspräsidiums Karlsruhe gewesen sei und sich in einem diesbezüglichen Verfahren mit dieser Behörde geeinigt habe. Ferner laufe aktuell ein Anhörungsverfahren, dass eine beabsichtigte Verfügung gegen die PN_____ („m_____“) zum Gegenstand habe. Die Frage der möglichen Voll-streckbarkeit einer Untersagungsverfügung könne keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit haben, da zunächst wohl davon auszugehen sei, dass sich seriöse Unternehmen nach Bestätigung eines Verbots durch Verwaltungsgerichte rechtstreu verhielten. Vollstreckungsmaßnahmen seien daher nicht von vornherein als aussichtslos anzusehen. Die geltende Rechtslage sei auch kohärent und nicht unionsrechtswidrig. Eine Kohärenz habe der EuGH mit Blick auf die unterschiedliche Rechtslage in Schleswig-Holstein ausdrücklich verneint. Das Angebot der Antragstellerinnen sei auch nicht erlaubnisfähig, da es ausdrücklich gegen das generelle Internetverbot des GlüStV verstoße. Ferner resultiere auch keine Inkohärenz aus dem Umstand, dass die Vermittlung von Lotterien und die Veranstaltung von Sportwetten im Internet erlaubt werden könne. Der Unterschied zwischen jenen Glücksspielarten und den hier in Rede stehenden Casino- und Pokerspielen bestehe darin, dass sich Letztere durch einen besonderen Suchtanreiz durch schnelle Wiederholung auszeichneten. Zudem unterlägen derartige Spiele einer hohen Manipulations-anfälligkeit. Schließlich könnten diese Spieler auch zur Geldwäsche benutzt werden. Da die Verfügung kraft Gesetzes sofort vollziehbar sei, verschiebe sich die Darlegungslast zulasten der Antragstellerinnen. Daher müssten diese individuelle Umstände vortragen, die eine Abkehr von der gesetzlichen Wertung rechtfertigten. Der Anforderungskatalog sei bewusst zurückhaltend und gestuft aufgebaut worden. Die Anordnungen zu Nrn. 1 – 3 könnten ohne großen Aufwand erfüllt werden. Bei der ersten Anordnung genüge ein einfacher Hinweis. Wegen der Komplexität der Anordnung zu Nr. 4 sei den Antragstellerinnen eine weiträumige Frist eingeräumt worden, eine Fristverlängerung sei möglich.

Nach Auskunft des Antragsgegners haben aktuell mindestens acht andere Bundesländer den Erlass von insgesamt 28 Untersagungsverfügungen in die Wege geleitet, von 10 erlassenen Verfügungen sind zwei bestandskräftig geworden und die übrigen Bescheide jeweils gerichtlich angegriffen worden. Das Ziel eines flächendeckenden Vollzuges sei das Maximalziel am Ende eines langwierigen Prozesses, das sich auch wegen der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland nicht optimal errei-chen lasse. Ein „erster Zugriff“ solle aber im Rahmen der jeweiligen Länderzuständigkeiten erfolgen. Das Land Berlin habe aber in diesem Rahmen alle bestehenden Möglichkeiten ausgeschöpft, insbesondere indem im angefochtenen Bescheid auf die in ganz Deutschland geltende Rechtslage verwiesen werde. Die Länder hätten keine Vereinbarungen zum Erlass eines etwaigen Musterbescheides zum einheitlichen Vorgehen getroffen, weil hier – auch mit Blick auf die unterschiedliche Rechtsprechung in den Ländern – unterschiedliche Vorstellungen über ein sachgerechtes Vorgehen bestehe. Schriftliche Konzepte zum weiteren Vorgehen existierten nicht. Ein singuläres Vorgehen allein gegenüber den Antragstellerinnen erfolge aber nicht. Vielmehr seien anhand der Prioritätenliste bislang bereits drei Anhörungsverfahren durchgeführt worden. Als Ausgangspunkt weiter notwendiger Klärungen eigne sich das hiesige Verfahren in besonderer Weise, weil das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg sich bereits in dem die Antragstellerinnen betreffenden Verfahren OVG 7 S 3.12 mit den sich auch hier stellenden Frage befasst habe. Bei der Frage des Vorgehens müsse er überdies die Vorgaben der Landeshaushaltordnung beachten.

Denn durch das parallele Vorgehen in einer Vielzahl anderer sportwettenrechtlicher Verfahren seien dem Land Berlin hohe Kosten entstanden. In der Länderarbeitsgemeinschaft „Aufsicht“ sei man deshalb zu dem Schluss gekommen, dass das Land Berlin daher keine Vorreiterrolle in der frühen Phase übernehmen wolle. Das weitere Vorgehen des Landes hänge auch von dem Ausgang der verwaltungsgerichtlichen Verfahren ab. Entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen handele es sich im Einklang mit der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beim Online- Poker um ein unerlaubtes Glücksspiel.

Die Antragstellerinnen sehen demgegenüber sowohl ein faktisches als auch ein strukturelles Vollzugsdefizit dadurch bestätigt, dass nur acht Bundeländer auf die gerichtlicherseits an den Antragsgegner gerichtete Anfrage zu einem koordinierten Vorgehen gegen illegales Glücksspiel reagiert hätten. Von einem mit dem Begriff „Zange“ umschriebenen Vorgehen mehrerer Bundesländer gegen nur einen Anbieter könne keine Rede sein. Gegen sie selbst gehe kein anderes Bundesland vor. Im Übrigen sei die Zahl von 28 eingeleiteten - bloßen - Anhörungsverfahren im Verhältnis zu 4.000 internationalen Casino-Anbietern so gering, dass nicht einmal 1 % der am Markt tätigen Unternehmen mit Untersagungsverfügungen rechnen müsse. Selbst bei den wenigen bestandskräftig gewordenen Verfügungen werde das Verbot nicht vollstreckt. Warum sich die Verfahren immer noch in „einer ersten Klärungsphase“ befinden sollten, sei auch vor dem Hintergrund, dass zahlreiche Anbieter seit über zehn Jahren im Internet Online-Pokerspiele anböten, nicht nachvollziehbar. Daran ändere auch das mit einer Vielzahl von Parallelverfahren möglicherweise einhergehende Kostenrisiko des Landes, das sich in der Vergangenheit unnötigerweise an-waltlich habe vertreten lassen, statt die Verfahren selbst zu führen, nichts. Die Berufung auf ein Musterverfahren greife nicht. Die Antragstellerinnen verweisen schließlich auf das an die Bundesrepublik Deutschland gerichtete Informationsersuchen der Europäische Kommission am 29. Juni 2015 im Verfahren „EU Pilot 7625/15/Grow Deutsche Glücksspielgesetzgebung“.

II. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist er nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO statthaft, weil dem Widerspruch gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 5. Februar 2015, der sich auf § 9 Abs. 1 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag – GlüStV) stützt, nach dessen Abs. 2 Satz 1 kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukommt. Soweit der Bescheid überdies ein Zwangsgeld androht, gilt entsprechendes nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 4 AGVwGO Bln. Demnach war der Antrag der Antragstellerinnen als auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gerichtet auszulegen (§§ 122, 88 VwGO).

Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Bei der hier nur möglichen und gebote-nen summarischen Prüfung überwiegt das Interesse der Antragstellerinnen, von den Wirkungen der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Verfügung verschont zu bleiben, nicht das Interesse an ihrer sofortigen Vollziehung. Dabei ist für die Interessenabwägung die gesetzliche Wertung des § 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV ausschlaggebend, wonach das private Suspendierungsinteresse in derartigen Fällen grundsätzlich zurückzutreten hat; demnach kann die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen oder eine unbillige, nicht durch überwiegende Interessen des Antragsgegners gerechtfertigte Härte vorliegt. Für beides sieht das Gericht hier keinerlei Anhaltspunkte.

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die angefochtene Verfügung nicht offenkundig rechtswidrig. Rechtsgrundlage für die streitbefangene Untersagungsverfügung ist § 9 Abs. 1 Satz GlüStV. Nach dessen Satz 1 hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Nach Satz 2 der Vorschrift kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Nach Satz 3 Nr. 3 kann die zuständige Behörde insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele (und die Werbung hierfür) untersagen. Diese Voraussetzungen liegen hier aller Voraussicht nach vor.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerinnen ist der Antragsgegner für Maßnahmen der vorliegenden Art grundsätzlich zuständig. Es liegt kein Fall von § 9a Abs. 2 Satz 2 GlüStV vor, wonach bei unerlaubten Glücksspielen, die in mehr als einem Land angeboten werden, für Maßnahmen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 die Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Niedersachsen zuständig ist. Denn vorliegend geht es nicht um die in Nr. 4 genannte Untersagung der Mitwirkung an Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel und an Auszahlungen aus unerlaubtem Glücksspiel, sondern um die in Nr. 3 der Vorschrift aufgeführte Untersagung des unerlaubten Glücksspiels selbst. Ebenso wenig ist das Land Hessen nach § 9a Abs. 3 Satz 1 2. Hs. i.V.m. § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV zuständig. Denn diese Zuständigkeit zum ordnungsbehördlichen Einschreiten bezieht sich nur auf die Abhaltung von Sportwetten nach § 4a GlüStV, worum es hier nicht geht.

Soweit die Antragstellerinnen meinen, der Antragsgegner überschreite seine Kompetenzen dadurch, dass sich der geforderte Hinweis auf das Verbot einer aktiven Spielaufnahme auf das gesamte Bundesgebiet mit Ausnahme Schleswig-Holsteins und nicht lediglich auf Berlin erstrecke, erscheint dies unbedenklich. Denn hierdurch wird keine Maßnahme gefordert, die in einem anderen Bundesland als Berlin erfüllt werden muss. Vielmehr fordert der Antragsgegner hier nur einen rechtlichen Hinweis, der der tatsächlichen Rechtslage entspricht; ein Hinweis auf ein Verbot nur in Berlin bestehendes Verbot wäre nicht nur unzutreffend, sondern überdies geradezu irreführend. Sonstige formelle Bedenken bestehen ebenso wenig.

Auch liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm vor. Die von den Antragstellerinnen im Internet vermittelten Casino- und Pokerspiele sind als Glücksspiele einzuordnen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Nach Satz 2 hängt die Entscheidung über den Gewinn in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Dies ist hier der Fall. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner die Abhaltung eines Pokerturniers betreffenden Entscheidung vom 22. Januar 2014 (8 C 26/12, juris) die Bewertung von Pokerspielen als Glücksspiel einer differenzierten Betrachtung unterzogen. Kein Glücksspiel soll danach vorliegen, wenn mit der Zahlung des Entgelts lediglich die Berechtigung zum Betreten des Veranstaltungsortes oder zur Teilnahme am Spiel erworben wird. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn mit dem Entgelt der Teilnehmer ausschließlich oder doch ganz überwiegend die Veranstaltungskosten gedeckt werden und von den Teilnehmern keine weiteren Zahlungen, aus denen sich eine Gewinnchance ergeben könnte, zu leisten sind. Dann handelt es sich nur um eine Teilnahmegebühr. Darum geht es vorliegend bei der Durchführung von Online-Casino- und Pokerspielen nicht. Die Antragstellerinnen knüpfen - wie der Antragsgegner zutreffend dargelegt hat – den Spieleinsatz ihres Angebots klar an die Gewinnchance. Zudem tritt das Element der Geschicklichkeit im Online-Spiel deutlich hinter den Zufallsmoment zurück (vgl. zur Einstufung auch OVG Saarland, Beschluss vom 17. Juli 2015 - 1 B 50.15 -, juris Rn. 5).

Die von den Antragstellerinnen durchgeführten Online- und Casinospiele sind demnach verboten, weil § 4 Abs. 4 GlüStV dies für das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ausdrücklich vorsieht. Das eine derartige Rege-lung im Einklang mit der Dienstleistungsfreiheit steht, hat der EuGH in seiner Ent-scheidung vom 8. September 2008 (Rs C-46/08 - Carmen Media - juris) eindeutig geklärt. Danach ist es insoweit Sache jedes Mitgliedstaats, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihm verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten dieser Art vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen, wobei die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das von den betreffenden nationalen Stellen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen sind (Rn. 58). Eine Maß-nahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird, kann daher grundsätzlich als geeignet angesehen werden, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Anbieten solcher Spiele über herkömmlichere Kanäle zulässig bleibt (Rn. 105). Die Regelung der Glücksspiele gehört zu den Bereichen, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. In Er-mangelung einer Harmonisierung auf Unionsebene steht es den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen (EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-98/14 -, juris Rn. 56). Der Schutz der Verbraucher vor Spielsucht und die Verhinderung von Kriminalität und Betrug im Zusammenhang mit dem Spielen, sind zwingende Gründe des Allgemeininteresses, die Beschränkungen von Glücksspieltätigkeiten rechtfertigen können (EuGH, wie vor, Rn. 58). Das Inter-netverbot ist daher mit den europarechtlichen Vorgaben vereinbar (so auch OVG Saarland, Beschluss vom 17. Juli 2015 - 1 B 50.15 -, juris Rn. 21 unter Berufung auf BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10-, juris Rn. 18 ff., 30 ff.). Bedenken gegen eine Inkohärenz der geltenden Rechtslage bestehen demnach nicht.

Die Rechtslage ist auch nicht deshalb inkohärent, weil andere Arten von Glücksspielen im Internet nach der Neuregelung des Glücksspielrechts in Deutschland vom Ge-setzgeber als erlaubnisfähig angesehen werden. Die Kammer schließt sich insofern, aber auch mit Blick auf die zeitweise unterschiedliche Rechtslage in Deutschland selbst den überzeugenden Ausführungen des VG Saarbrücken in seinem Beschluss vom 3. März 2015 - VG 6 L 1232/14 -, juris Rn. 19 an, in denen es heißt: „Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 GlüStV der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet erlaubt werden können, führt nicht zur Inkohärenz des § 4 Abs. 4 GlüStV. Die Liberalisierung betrifft mit Lotterien und Sportwetten Glücksspiele, die als weniger gefährlich einzustufen sind als die von der Antragstellerin veranstalteten Online-Casinospiele. Im Übrigen handelt es sich bei Online-Casinospielen um Spiele mit in der Regel hoher Ereignisfrequenz, die gemäß §§ 4 Abs. 5 Nr. 3, 10 a Abs. 4 Satz 2 GlüStV auch in Bezug auf Lotterien und Sportwetten nicht erlaubnisfähig sind (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.02.2014, 13 A 2018/11, a.a.O., sowie OVG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.05.2013, 6 S 88/13, a.a.O.).

Anhaltspunkte dafür, dass die entsprechenden Regelungen nicht geeignet wären, die Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele, insbesondere das auch unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziel der Bekämpfung der Spielsucht, zu verwirklichen, und es deshalb an einer kohärenten Regelung fehlen würde, bestehen nicht.

Eine Inkohärenz ergibt sich auch nicht daraus, das in Schleswig-Holstein aufgrund der dortigen Liberalisierung des Glücksspielrechts in der Zeit vom 01.01.2012 bis zu dessen Beitritt zum Glücksspielstaatsvertrag 2012 am 09.02.2013 weniger strenge Regelungen galten und einer Reihe von Anbietern von Glücksspielen im Internet -darunter auch der Antragstellerin- Genehmigungen erteilt worden waren. Wie der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 12.06.2014 (Rs. C-156/13, Digibet, NVwZ 2014, 1001) entschieden hat, ist Art. 56 AEUV dahingehend auszulegen, dass er einer der Mehrheit der Gliedstaaten eines föderal strukturierten Mitgliedstaats gemeinsamen Regelung, die die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet grundsätzlich verbietet, während ein einzelner Gliedstaat für einen begrenzten Zeitraum neben den restriktiven Rechtsvorschriften der übrigen Gliedstaaten bestehende weniger strengere Rechtsvorschriften beibehalten hat, dann nicht entgegensteht, wenn diese gemeinsame Regelung den in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit - wovon hier auszugehen ist - genügt. Die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den einzelnen Bundesländern kann nämlich zum einen nicht durch das Unionsrecht in Frage gestellt werden, da sie unter dem Schutz von Art. 4 Abs. 2 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) steht, nach dem die Union verpflichtet ist, die jeweilige nationale Identität der Mitgliedstaaten zu achten, die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der lokalen und regionalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt. Zum anderen ist insoweit zu berücksichtigen, dass eine etwaige Beeinträchtigung der Kohärenz durch die weniger strengen Regelungen in Schleswig-Holstein zeitlich und räumlich auf ein Bundesland begrenzt war.

Der Hinweis der Antragstellerin, dass die nach dem schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetz erteilten Lizenzen für die Veranstaltung und den Betrieb von Online-Casinospielen trotz zwischenzeitlicher Aufhebung des Gesetzes im Übrigen für sechs Jahre weiter gelten, gibt zu keiner anderen rechtlichen Einschätzung Anlass. Insbesondere geht die Annahme der Antragstellerin fehl, der Europäische Gerichtshof habe bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen, dass das schleswig-holsteinische Glücksspielgesetz auf die erteilten Lizenzen für eine Übergangszeit weiter Anwendung finde. Auf den Umstand, dass die unter der Geltung des schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetzes erteilten Genehmigungen für das Angebot von Glücksspielen im Internet auch nach Aufhebung des Gesetzes während einer Übergangszeit weiter Geltung beanspruchen, hat der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vielmehr ausdrücklich Bezug genommen.“

Die in Rede stehenden Online- und Casinospiele sind auch unerlaubt. Die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis für die Vermittlung öffentlicher Glücksspiele besitzen die Antragstellerinnen nicht. Die Antragtellerin zu 2. kann sich schon deshalb nicht auf die ihr erteilte Erlaubnis des Innenministeriums des Landes Schleswig-Holstein vom 21. Mai 2010 berufen, weil darin lediglich die Veranstaltung von Sportwetten im Internet genehmigt wird. Auch die der Antragstellerin zu 2. erteilte Erlaubnis vom 19. Dezember 2012 reicht hier nicht aus; darin werden nur bestimmte Online-Spiele erlaubt und unter Nr. 11 ausdrücklich namentlich benannte Casino- und Pokerspiele ausgenommen; ohnehin findet die Genehmigung nur im Geltungsbereich des Landes Schleswig-Holstein Anwendung (Nr. 2). Die vom Land Schleswig-Holstein erteilten Erlaubnisse berechtigen nicht zu einem grenzüberschreitenden Tätigwerden in den übrigen fünfzehn Bundesländern. Dies gilt sowohl für terrestrische als auch für online-Aktivitäten in Schleswig-Holstein konzessionierter Unternehmen. Dem Grundsatz der Bundestreue ist überdies eine Pflicht auch der administrativen Ebene zu entnehmen, einer sich anbahnenden missbräuchlichen Verwendung territorial begrenzter Genehmigungen entgegen zu treten (OVG Saarland, Beschluss vom 17. Juli 2015 - 1 B 50/15 -, juris Rn. 13).

Auch die von den staatlichen Stellen in Malta erteilten (ausländische) Konzessionen ersetzt die für die Tätigkeit der Antragstellerinnen notwendige Erlaubnis nicht (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 24. November 2010, 8 C 15.09, juris Rn. 21; EuGH, Urteil vom 8. September 2010, Rs. C-316/07 u.a. - Markus Stoß u.a. – juris Rn. 110 ff.). Denn einer ausländischen Konzession kommt auch aus europa- bzw. unionsrechtlichen Gründen keine entsprechende „Legalisierungswirkung“ zu. Angesichts des Wertungsspielraums der Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei der nach ihrer eigenen Wertordnung vorzunehmenden Festlegung des Schutzniveaus (bezüglich der Bekämpfung der Spielsucht, der Begrenzung des Glücksspielangebots und der Vermeidung übermäßiger Ausgaben für das Spielen) und in Ermangelung jeglicher Harmonisierung des betreffenden Gebiets auf Gemeinschaftsebene kann es beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts keine Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung der von den verschiedenen Mitgliedstaaten erteilten Erlaubnisse geben. Vielmehr bleibt jeder Mitgliedstaat berechtigt, die Möglichkeit, dem Verbraucher in seinem Hoheitsgebiet Glücksspiele anzubieten, für alle daran interessierten Veranstalter vom Besitz einer von seinen zuständigen Behörden erteilten Erlaubnis abhängig zu machen, ohne dass der Umstand, dass ein bestimmter Veranstalter bereits über eine in einem anderen Mitgliedstaat erteilte Erlaubnis verfügt, dem entgegenstehen kann (EuGH, a.a.O., Rn. 111 f.; vgl. auch VGH Bayern, Urteil vom 20. September 2011 - 10 BV 10.2449 -, juris Rn. 16 m.w.N.).

Die Verantwortlichkeit der Antragstellerinnen ergibt sich aus der unstreitigen Tatsache, dass beide die Internetseite „www.be_____“ betreiben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (vgl. Beschluss vom 16. März 2009 -OVG 1 S 224.08 -, sowie Beschluss vom 24. August 2012 – OVG 1 S 44.12 –, juris Rn. 2) ist es im Ordnungsrecht Sache des Handlungspflichtigen, eine von ihm eröffnete Gefahrenquelle wieder zu verschließen, ohne dass es insoweit auf Überlegungen zu dem dafür erforderlichen Aufwand ankäme. So liegt der Fall hier hinsichtlich beider Antragstellerinnen.

Der Bescheid erweist sich auch nicht als ermessensfehlerhaft. Er leidet insbesondere nicht - anders als das VG Darmstadt dies für den seinem Beschluss vom 13. Mai 2015 (3 L 1807/15 Da.) zugrundeliegenden Bescheid angenommen hat - an einem Ermessensausfall; vielmehr enthält er ab Seite 4 ausführliche Erwägungen, die er-kennen lassen, dass der Antragsgegner sich des ihm zustehenden Ermessens bewusst war, indem die die Entscheidung tragenden Erwägungen verdeutlicht werden.

Sonstige Ermessensfehler sind ebenso wenig erkennbar. Eine Bindung des Ermessens der Behörde dahingehend, nicht gegen die Antragstellerinnen vorzugehen, lässt sich nicht aus dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. September 2012 (OVG 7 S 3.12) herleiten. Denn Gegenstand dieses Ver-fahrens war die Vermittlung von Sportwetten im Internet durch die Antrag-stellerinnen, die nach § 4 Abs. 5 GlüStV genehmigungsfähig sein kann (und im konkreten Fall – wie die noch nicht vollziehbare Auswahlentscheidung des Hessischen Innenministeriums auch zugunsten der Antragstellerin zu 2. zeigt – auch als geneh-migungsfähig angesehen wird).

Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit liegt nicht vor. Die Maßnahmen verfolgen das legitime Ziel, die nach § 4 Abs. 4 GlüStV verbotene Abhaltung unerlaubter Casino- und Pokerspiele im Internet durch die Antragstellerinnen zu unterbinden. Es ist nicht erkennbar, dass die Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele offensichtlich ungeeignet wären. Dies gilt insbesondere für die mit Ziffer 4. geforderte Einführung geeigneter technischer Methoden, um die Spielteilnahme von in Berlin ansässigen Spielern auszuschließen. Abgesehen davon, dass den Antragstellerinnen keine bestimme Methode hierfür vorgegeben wird, ist die beschriebene Methode der Geolokalisationstechnik jedenfalls nach den im hiesigen Verfahren vorliegenden Äußerungen von Prof. Dr. Dieter Kranzlmüller vom 30. September 2014 für das Landgericht Stuttgart nicht völlig ungeeignet; im Gegenteil wird durch den Einsatz dieser Technik gerade eine Treffergenauigkeit von 99% erreicht. Das Gericht verkennt nicht, dass sich diese durch die weit verbreitete Verwendung von Anonymisierungsprogrammen relativiert; es ist aber nicht erkennbar, dass die allgemeine Vorgabe zum Einsatz geeigneter technischer Mittel allein deshalb gänzlich ungeeignet zum Ausschluss nicht berechtigter Spieler würde (so aber wohl VG Darmstadt, Beschluss vom 13. Mai 2015 - 3 L 1807/15 Da.-, unter Hinweis auf VG Ansbach, Ur-teil vom 28. Januar 2014 - AN 4 K 12.01406 -, juris). Die hiermit im Zusammenhang stehenden technischen und tatsächlichen Fragen bedürfen ggf. der weiteren Aufklärung im Hauptsacheverfahren, führen aber nicht zur offenkundigen Rechtswidrigkeit der diesbezüglichen Anordnung. Dass die Vorgabe überdies nicht erforderlich wäre, weil bereits nach Nr. 3 des Bescheides Spieler auszuschließen sind, die sich ihren – zutreffenden – Angaben zufolge im Land Berlin aufhalten bzw. die wahrheitswidrige Angaben zu ihrem Aufenthalt gemacht haben, ist ebenfalls nicht erkennbar. Denn die Maßnahmen zu 2. – 4. des angefochtenen Bescheides sind flankierender Natur und ergänzen sich gegenseitig, ohne sich jeweils überflüssig zu machen.

Vor dem Hintergrund des – von den Regelungen des § 4 Abs. 5 GlüStV abgesehen - ausnahmslosen Verbots der Vermittlung von Glücksspielen im Internet ist der Bescheid auch angemessen. Schließlich ist nicht offenkundig, dass das Verbot inkohärent wäre. Eine nationale Regelung ist nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH zwar nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – C-98/14 –, Digibet, juris Rn. 62 f.). Daran hat das Gericht im hiesigen Verfahren indes keine durchgreifenden Zweifel. Es obliegt dem Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände darzulegen, anhand deren dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt (EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-98/14 -, juris Rn. 65, m.w.N.). Um den Vorgaben an eine einheitliche Verwaltungspraxis zu genügen, muss die Behörde im Lichte von Art. 3 Abs. 1 GG und 12 Abs. 1 GG darlegen, dass sie gegen sämtliche Anbieter vergleichbarer Geschäftsmodelle grundsätzlich gleichermaßen einschreitet bzw. in den Fällen eines abgestuften Vorgehens gegen einzelne Anbieter oder Anbietergruppen sachliche Gründe hierfür angeben (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 6 S 1394/13 -, juris Rn. 3, m.w.N., sowie Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 9 GlüStV RdNr. 16.). Sie darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Ansonsten würde sie willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Mai 2013 - 6 S 88/13 -, juris Rn. 38).

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs hat die Kammer keine durchgreifenden Bedenken an der Kohärenz der Maßnahme. Ausgangspunkt des behördlichen Vorgehens sind die von allen Bundesländern („Arbeitsgruppe Aufsicht“) gemeinsam gefundenen Leitlinien für ein Vorgehen gegen illegales Glückspiel im Internet der Länder vom Juli 2014. Die Leitlinien zeigen zunächst die Vielzahl der im Internet angebotenen Varianten des Glücksspiels auf, um anschließend darzulegen, dass ein behördliches Vorgehen dem Willkürverbot Rechnung tragen müsse. Den Leitlinien liegt er-kennbar zugrunde, dass ein planvolles Vorgehen gefordert wird und eine einheitliche Vollzugspraxis gefordert ist. Da demnach schon aus Kapazitätsgründen, aber auch wegen des unübersichtlichen Marktes nicht gegen alle Anbieter illegalen Glücksspiels vorgegangen werden kann, differenzieren die Leitlinien nach der Gefährlichkeit des Spiels und der Größe der Anbieter. Die Bewertung einer besonderen Gefährlichkeit von Casino- und Pokerspielen mit Blick auf Sucht- und Täuschungspotenzial und damit einhergehend einem prioritären Vorgehen gegen diese Glücks-spielvariante ist dabei nicht zu beanstanden. Kennzeichnend ist danach ein abgestuftes Vorgehen gegenüber Anbietern dieser Spiele mit hohem Bekanntheitsgrad und großen Besucherzahlen. Das langfristige Ziel ist letztlich ein flächendeckender Vollzug gegenüber allen Anbietern in allen Bundesländern. Aufgrund genau festge-legter Kriterien wird ein „priorisiertes Einschreiten“ angestrebt, wobei Umfang und Verbreitung des Angebots („Große vor Kleinen“), Gefährlichkeit des angebotenen Spiels und Effizienz des Eingreifens maßgeblich sein sollten. Dies gilt insbesondere für Casinospiele einschließlich Poker mit einem besonders hohen Suchtrisiko. Die Länder haben darauf ein arbeitsteiliges Vorgehen vereinbart, wobei der Aspekt, ob das jeweilige Bundesland bereits mit einem der größten Anbieter von Online-Glücksspielen vorbefasst war, eine ausschlaggebende Rolle spielt.

Es ist nicht erkennbar, dass dieses Konzept sachwidrig und planlos ist. Das Vorgehen beruht auf einer im Grundsatz abgestimmten Vorgehensweise und hat langfristg zum Ziel, letztlich einen nicht unwesentlichen Teil des in Deutschland im Internet erreichbaren Casino- und Online-Pokermarkt zu unterbinden. Dass hierbei nach Größe differenziert wird, stellt ein sachgemäßes Kriterium dar. Dabei ist die Ermittlung der Größe nach dem Ranking im Internet ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch wenn sich derartige Trefferlisten möglicherweise manipulieren lassen, steht außer Frage, dass jedenfalls die Antragstellerinnen zu den großen Unternehmen in diesem Bereich zählen. Dies stellen sie auch selbst nicht einmal in Abrede. Selbst wenn die so gefundenen Anbieter nur einen Bruchteil des gesamten Angebots illegaler Anbie-ter ausmachen – es kann dahinstehen, ob die von den Antragstellerinnen genannten Zahlen (4.000 Anbieter) bzw. Prozentsätze (1 %) zutreffen – greifen die Länder so doch auf namhafte und in der allgemeinen Bevölkerung bekannte Unternehmen zurück, denen daher in diesem Bereich eine für die Vorbildwirkung entscheidende Füh-rungsposition zukommt. Es würde die Anforderungen an das Kohärenzgebot überspannen, wenn aus diesem Prinzip ein zeitgleiches und lückenloses Einschreiten gegen jedweden oder annähernd alle Anbieter abgeleitet werden müsste.

Der Antragsgegner geht zudem in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass sich die Verfahren in einer ersten Klärungsphase befinden, in der noch nicht alle Eventualitäten berücksichtigt werden können. Bei seinem weiteren Vorgehen ist z.B. die Einbeziehung etwa ergangener Gerichtsentscheidungen in parallel gelagerten Verfahren beabsichtigt. Auch deshalb können die Antragstellerinnen in dieser Phase des Verfahrens nicht vom Antragsgegner verlangen, dass er aus Gleichbehandlungsgründen flächendeckend gegen alle vergleichbaren Anbieter vorgeht. Denn ungeachtet der Frage, ob der Antragsgegner für das parallele Vorgehen gegen die Anbieter illegaler Sportwetten vor mehreren Jahren einer für das Land Berlin kostenintensiv anwaltlichen Vertretung bedurfte, wäre dies ebenfalls mit zunächst vermeidbaren Kosten verbunden. Darin liegt ebenfalls keine unsachliche Erwägung.

Die Antragstellerinnen können dem auch nicht unter Verweis auf ein „strukturelles Defizit“ entgegen halten, dass das schon seit Jahren geltende Internetverbot derartiger Spiele über einen langen Zeitraum nicht vollzogen wurde. Zutreffend verweist der Antragsgegner auf eine Reihe obergerichtlicher Verfahren, die zunächst Klärung in grundsätzlichen Fragen bringen und deshalb abgewartet werden sollten. Im Anschluss hieran und unmittelbar nach Verabschiedung der Leitlinien hat der Antragsgegner mit deren Umsetzung begonnen. Nicht zu verantworten hat der Antragsgegner auch, dass andere Bundesländer die gemeinsam gefundenen Leitlinien möglicherweise anders bzw. weniger zeitnah umsetzen. Die mit der föderalen Verantwortung für die Materie einhergehende unterschiedliche Schwerpunktsetzung begegnet so lange keinen durchgreifenden Rechtmäßigkeitszweifeln, wie kein völliges Auseinanderfallen der jeweiligen Verwaltungspraxis festzustellen ist. Das ist hier nicht der Fall, da sich immerhin acht Bundesländer zur gerichtlichen Anfrage nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand geäußert haben. In Folge der Leitlinien sind allein in diesen Bundesländern 28 Untersagungsverfügungen ergangen bzw. entsprechende Verfahren eingeleitet. Nach gegenwärtigem Stand resultieren hieraus zehn Untersagungsverfügungen, die entweder rechtskräftig geworden sind oder gerichtlich angegriffen werden. Es kommt schließlich hinzu, dass – wie auch der vorliegende Verfahrensablauf dokumentiert - Verzögerungen auch durch umfassende Stellungnahmen u.a. des Bevollmächtigten der Antragstellerinnen eingetreten sind, die sich diese zurechnen lassen müssen.

Schließlich resultiert allein aus dem Papier der EU-Kommission EU Pilot Nr. 7625/15/GROW vom 30. Juni 2015 keine Inkohärenz der Regelungen des GlüStV. Hierbei handelt es sich lediglich um einen Fragenkatalog im Kontext mit den fortlaufenden Konsultationen zwischen der Kommission und der Bundesrepublik Deutschland, der die mit dem Vollzug des Gesetzes einhergehenden Fragestellungen aufwirft, ohne diese selbst abschließend zu beantworten. Ziel der Stellungnahme ist daher in erster Linie der Austausch und noch nicht die abschließende Bewertung der Vereinbarkeit der deutschen Rechtslage mit dem Unionsrecht.

Vor diesem Hintergrund geht mit der sofortigen Vollziehung auch keine unbillige Härte einher. Die Antragstellerinnen hatten vor dem Hintergrund, dass das seit Januar 2008 in der gesamten Bundesrepublik Deutschland einheitlich geltende Verbot der Veranstaltung im Internet bekannt war, über einen langen Zeitraum vor Erlass der streitbefangenen Verfügung Gelegenheit, Vorkehrungen dafür zu treffen, dass ihr in Deutschland illegales Angebot dort nicht verbreitet werden kann. Unmögliches wurde ihnen damit nicht abverlangt, da sie nötigenfalls ihr Internetangebot auch völlig hätte einstellen können (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. September 2012 - OVG 7 S 3.12 -).

Die Zwangsmittelandrohung beruht auf §§ 6 Abs. 1, 9 Abs. 1 b, 11 und 13 VwVG. Sie ist nicht etwa deshalb rechtswidrig, weil die Vollstreckung des Zwangsgeldes wegen des Sitzes der Antragstellerinnen in Malta tatsächlichen und praktischen Schwierigkeiten begegnen könnte. Das Gericht geht im Einklang mit dem Antragsgegner überdies von einem grundsätzlich rechtstreuen Verhalten der Antragstellerinnen im Inland aus, auch wenn sich ihr Hauptgeschäftssitz nicht hier befindet.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Wert des Streitgegenstandes bemisst sich nach §§ 39 ff., 52 GKG.

Groscurth Dr. Gamp Dr. Franke-Herlitz